Der Schweizer Heimatschutz zeichnet die Stadt Bern für die Sanierung und Inwertsetzung der Englischen Anlagen mit dem Schulthess Gartenpreis 2024 aus © Noah Santer, Schweizer Heimatschutz
8 novembre 2024
Regula Steinmann | Da un punto di vista personale
Schulthess Gartenpreis 2024 - Englische Anlagen Bern
Mit dem Schulthess Gartenpreis 2024 zeichnet der Schweizer Heimatschutz die Stadt Bern für die Sanierung der Englischen Anlagen aus. Die Inwertsetzung des historischen Freiraums steht beispielhaft für die Bestrebungen der Stadt, die Frei- und Grünräume der Aareschlaufe rund um das UNESCO-Weltkulturerbe unter gartendenkmalpflegerischen Vorgaben als innerstädtische Naherholungsräume weiterzuentwickeln. Die gut besuchte Preisverleihung fand am 17. August 2024 in Bern statt.
Die Ursprünge der heutigen Englischen Anlagen in Bern gehen auf die Bebauung des Kirchenfeldquartiers ab den 1880er-Jahren zurück: Am steilen Hang des Aareufers wurde eine bis heute in ihrer geschwungenen Form erhaltene Promenade angelegt. Ein Teil des Hangs diente gleichzeitig als Deponie. 1911 legte der Verschönerungsverein Bern ein Projekt für eine Parkanlage vor und setzte dies kurz darauf um: Die Halde wurde gesäubert, ein umfassendes Wegnetz mit verschiedenen Plätzen erschloss den Hang. 1919 erwarb die Einwohnergemeinde das Waldstück im heutigen östlichen Teil der Englischen Anlagen, und erweiterte die Parkanlage um zwei Plätze und diverse Wege. Die Anfang des 20. Jahrhunderts zur Hangsicherung gepflanzten Bäume sind über die Jahrzehnte zu einem Mischwald herangewachsen. Der starke Hangdruck und der mangelnde Unterhalt des Wegnetzes wirkten sich stark negativ auf die vorhandene Bausubstanz aus. Wege und Treppen waren abgesackt und kaum mehr begehbar, viele Mauern und eingefügte Elemente befanden sich im schlechten Zustand.
Ab 2012 wurde der gartendenkmalpflegerische Wert der Englischen Anlagen untersucht und ein Parkpflegewerk erarbeitet. Knapp zehn Jahre später konnte der stark vernachlässigte Freiraum schliesslich aufgewertet werden. Damit erhielt die Bevölkerung einen Naherholungsraum an zentraler Lage zwischen Kirchenfeldquartier und Altstadt zurück. Die städtische Gartendenkmalpflege als Fachstelle innerhalb von Stadtgrün Bern nahm eine wesentliche Rolle bei der Qualitätssicherung ein. Das beauftragte Landschaftsarchitekturbüro Umland und die Gartendenkmalpflege mussten gemeinsam mit externen Spezialistinnen und verschiedenen Amtsstellen Lösungen für knifflige Herausforderungen finden: Das Budget war knapp bemessen, die steile Hanglage erschwerte die Nutzung von Baumaschinen, und aus einer parkähnlichen Anlage war ein städtischer Wald geworden. Ebenso galt es, die durch Vernachlässigung entstandenen Naturwerte zu respektieren, Sicherheitsaspekte zu bedenken und eine Zugänglichkeit für möglichst viele Menschen zu schaffen.
Englische Anlagen Bern © Noah Santer, Schweizer Heimatschutz
Das Resultat ist ein gelungener Kompromiss, der den Bestand als Ressource versteht und ihm eine neue Zukunft gegeben hat. Vorhandenes wurde, wenn immer möglich, weiterverwendet und sorgfältig instand gestellt, die Patina wurde dabei bewusst erhalten. Die Entwicklung von Sichtachsen auf die Berner Altstadt im heutigen Wald erfolgt nicht radikal, sondern sorgfältig abgestimmt mit forstwirtschaftlichen Anliegen und mit Rücksicht auf die Naturwerte.
Als Auftakt zur Preisverleihung haben die Projektbeteiligten dem interessierten Publikum die Englischen Anlagen im Rahmen von Führungen vor Ort nähergebracht. Michael Steiner, Leiter der Fachgruppe Gestaltung Grünanlagen bei Stadtgrün Bern, führte seine Gruppe von der Kleinen Schanze über die Bundesterrasse zu den Englischen Anlagen und zeigte entlang der Route den Kontext der Freiräume innerhalb der Stadt Bern auf. Brigitte Nyffenegger und Nicole Wiedersheim vom Landschaftsarchitekturbüro Umland, sowie Katharina Müller, Projektleiterin Gartendenkmalpflege bei Stadtgrün Bern, tauchten mit den Gästen in die Englischen Anlagen ein und brachten ihnen die umgesetzten Sanierungsmassnahmen vor Ort und im Detail näher.
Englische Anlagen Bern © Noah Santer, Schweizer Heimatschutz
Mit der offiziellen Feier im Menuhin-Forum fand die Preisverleihung ihren würdigen Abschluss. Zahlreiche Gäste aus der Berner Politik und vom Schweizer Heimatschutz nahmen daran teil. Nach einem Grusswort des Präsidenten des Berner Heimatschutzes, Luc Mentha, erläuterte Claudia Moll, die Präsidentin der Kommission für den Schulthess Gartenpreis, die Gründe für die Preisvergabe an die Englischen Anlagen. Die Urkunde durfte Gemeinderätin Marieke Kruit von Martin Killias, Präsident des Schweizer Heimatschutzes, entgegennehmen. Regierungsrat Christoph Neuhaus rundete die Preisverleihung mit einem Grusswort der Berner Kantonsregierung ab.
Zum Schulthess Gartenpreis 2024 ist eine Begleitpublikation erschienen. Sie beleuchtet verschiedene Themen rund um die Anlage: Die kürzliche Sanierung, das Wirken des Verschönerungsvereins, den Kontext des UNESCO-Managementplans und die historische Einordnung. Der stimmungsvolle Bildteil illustriert die Elemente des Parks und seiner Umgebung. Die Publikation kann unter heimatschutz.ch/shop bestellt werden.
Regula Steinmann
Regula Steinmann ist dipl. Architektin ETH und leitet beim Schweizer Heimatschutz den Bereich Baukultur. In dieser Funktion ist sie auch für die Begleitung der Kommission für den Schulthess Gartenpreis zuständig, welche die Auszeichnung seit 1996 jährlich vergibt.
Ausgezeichnet werden können die Erhaltung und Pflege historisch wertvoller Gärten und Parkanlagen sowie die Realisierung von besonders qualitätsvollen zeitgenössischen Grünanlagen. Der Schulthess Gartenpreis geht zurück auf ein grosszügiges Vermächtnis des Ehepaars Dr. Georg und Marianne von Schulthess-Schweizer aus Rheinfelden.