Ortspezifische Interventionen machen das Projekt Wohnen im Weiher aus © moyreal immobilien ag; Bildautor: maaars; Projektverfasser: Office Haratori mit Manoa Landschaftsarchitektur
11 agosto 2022
Jenny Keller | Da un punto di vista personale
«Rendite und Baukultur sind kein Widerspruch»
Wüest Partner AG führt unter anderem in Zusammenarbeit mit der Stiftung Baukultur Schweiz dieses Jahr die Veranstaltungsreihe «Erfolgsfaktor Baukultur» durch. Am 7. Juli wurden unter dem Titel «Vom Grossen ins Kleine» an der ersten Veranstaltung in Zürich vier Projekte mit verschiedenen Massstäben vorgestellt. Valentin Müller, Geschäftsführer von UTO Real Estate Management und Stiftungsrat, stellte das Projekt Wohnen im Weiher in Zollikon vor. Wir wollten von ihm wissen, wie es um die Baukultur aus Investorensicht steht.
JK: Wie lautet das Fazit der ersten Veranstaltung in der Reihe «Erfolgsfaktor Baukultur»?
VM: Es kamen um die 40 Personen auf Einladung von Wüest Partner AG, darunter Exponenten der Baubranche, institutionelle Investoren, Personen aus der Verwaltung und andere Interessierte. Obwohl die Runde der Speaker – Marco Serra, der ehemalige Chefarchitekt von Novartis, Johannes Eisenhut von Senn Development, Tillmann Hohenacker der Axa Investment Managers Schweiz und ich – sehr divers zusammengesetzt war, gab es dank der überschaubaren Anzahl Teilnehmer einen Dialog. Wir konnten das Thema Baukultur aus verschiedenen Richtungen beleuchten und miteinander diskutieren. Und darum geht es. Mein Fazit ist also durchaus positiv.
Und nun zu den Erkenntnissen des Tages: Kann man Baukultur produzieren?
Die kurze Antwort lautet ja, denn es gibt immer wieder Bauprojekte, die einen mehr als andere berühren, die kulturell und gesellschaftlich wertvoll erscheinen und einen guten Beitrag zu einem qualitätsvollen Lebensraum leisten. Doch die Frage nach dem Weg, der solche Bauwerke entstehen lässt, ist komplexer. Um Baukultur zu generieren, müssen wir die Frage beantworten, wie an einem spezifischen Ort sinnhaft weitergebaut werden kann. Geeignete Prozesse sind sehr wichtig, darauf zielen ja auch die beiden nächsten Veranstaltungen in der Reihe ab.
Wie haben die Speaker diese Frage beantwortet?
Baukultur wurde anhand von verschieden grossen Projekten und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Marco Serra, der online zugeschaltet war, ging der Frage der Schönheit im Städtebau, in der Architektur und in der Handwerkskunst nach. Danach ging es von der Ebene der Stadt zur Programmierung eines Quartiers mit dem Vortrag von Johannes Eisenhut, der anhand des Areals Baselink in Allschwil die Wichtigkeit einer differenzierten und synergetischen Programmierung von Arealen und Freiräumen beleuchtete.
Tillmann Hohenacker sprach über den wichtigen Umgang mit dem Bestand anhand der Telli-Siedlung in Aarau. Bei der Sanierung gelang es, Mieterbedürfnisse zu berücksichtigen, die Bebauungs- und Freiraumstruktur in ihren Qualitäten beizubehalten und hohe Nachhaltigkeitskriterien zu erfüllen. Unser Projekt, Wohnen im Weiler in Zollikon, baut bestehende Strukturen im ländlichen Kontext weiter. Ich legte dar, wie wir das Projekt angegangen sind und welche baukulturellen Fragen sich im Verlauf des Projekts gestellt haben.
Gassen und Wege führen durch die neuen Bauten in der Kernzone von Zollikon © moyreal immobilien ag; Bildautor: maaars; Projektverfasser: Office Haratori mit Manoa Landschaftsarchitektur
Was unterscheidet das Bauprojekt von den anderen Fallbeispielen?
Unser Projekt befindet sich im ländlichen Kontext und in der Kernzone, was spezifische Fragen aufwirft. So zum Beispiel die Frage nach der Einpassung des Projekts in den Ort, der Sicht- und Wegzüge, der Materialisierung, dem Umgang mit dem Gebäude- und Baumbestand etc. Bei unserem Projekt haben wir zuallererst aber auch auf das Instrument des Architekturwettbewerbs gesetzt. Wir sind überzeugt, dass Wettbewerbe zu einem Mehrwert führen und das Varianzverfahren ein guter Weg für die Förderung der Baukultur sind. Für die Beurteilung der Beiträge haben wir eine interdisziplinär zusammengesetzte Jury eingeladen. Und das Ergebnis wiederum hat gezeigt, dass Investorenbedürfnisse und Baukultur nicht im Widerspruch zueinanderstehen. Ein Projekt mit stimmigen und flexible Wohnungstypologien und guter Verortung führt zu nachhaltigen Mieterträgen. Baukultur ist also durchaus ein Erfolgsfaktor, wie die Veranstaltungsreihe schon suggeriert.
Und was können wir sonst noch von der Veranstaltung mitnehmen?
Die Stiftung kann mit solchen Veranstaltungen sensibilisieren und einen Stein ins Rollen bringen, da sollten wir unbedingt dranbleiben. Baukultur muss zum Selbstverständnis werden. Sie zahlt sich aus – auf Projektebene, für die Gesellschaft und die Umwelt!
Jenny Keller
Jenny Keller ist Redaktorin bei werk, bauen + wohnen. Bis 2018 war die Architektin ETH mit einem Master in Kulturvermittlung Chefredaktorin bei Swiss-architects.com, verfasste daneben Beiträge als freie Architekturjournalistin für die NZZ, Bauwelt, Tec21 oder Hochparterre. Die Vermittlung von Baukultur wird auch in diversen Buchprojekten, Moderationen oder Führungen wahrgenommen, denn ihr Plädoyer lautet: Architektur geht uns alle an. Deshalb unterstützt sie auch die Stiftung Baukultur Schweiz bei der Kommunikation.
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